Mit einheitlichen Standards auf einen grünen Zweig
Umweltbewusstsein im Tourismus ist ein Thema, dem mittlerweile eine wachsende Zahl von Fremdenverkehrsverbänden Beachtung schenkt. Angesichts der Flut an Piktogrammen zu allen möglichen Qualitäten des touristischen Angebots in den Prospekten der Zielgebiete gehen die Ökolabels jedoch oft unter. Zudem ist das Interesse bei Veranstaltern und Verbrauchern bislang gering.
Gegenwärtig gibt es über 30 Umweltzeichen und Wettbewerbe für touristische Leistungsträger auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Das Spektrum reicht von der Kleinwalsertaler Silberdistel über den Wettbewerb Vorbildliche Campingplätze in Deutschland, den Gîtes Panda in Frankreich bis zum Europäischen Preis Tourismus und Umwelt. Derartige Label und Auszeichnungen sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn bekannt ist, welche Kriterien sie bewerten, und wenn sie möglichst viele Leistungsträger zur freiwilligen Senkung von Umweltbelastungen motivieren.
Bislang ist das Interesse von Hotels, Freizeitzentren, Campingplätzen und anderen touristischen Anbietern trotz der Aussicht auf Imagegewinne und Marktvorteile gering. Auch in den Katalogen der Veranstalter tauchen die Label meist gar nicht auf. So weiß die breite Masse der Urlauber bis heute kaum, dass es Umweltauszeichnungen für den Tourismus gibt, geschweige denn, was diese beinhalten.
Binnenmarkt Europa fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen
Auszeichnungen für Umweltverträglichkeit im Tourismus gibt es mittlerweile in Österreich, Deutschland, Dänemark, Luxemburg, Großbritannien, Frankreich, Spanien und in der Schweiz. Angesichts der Vielzahl von Initiativen im vereinten Europa ist eine Orientierung schwierig. Der Binnenmarkt Europa erfordert jedoch einheitliche Wettbewerbsbedingungen auch und gerade im internationalen Tourismus. Die Vergleichbarkeit von Leistungen und Preisen und der leichte Zugang der Konsumenten zu zuverlässigen Informationen sind dabei unabdingbare
Voraussetzungen. Um dem Thema Umweltverträglichkeit im internationalen Tourismus mehr Gehör zu verschaffen, ist die Entwicklung von einem EU-einheitlichen Umweltzeichen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Als erste Region entwickelte 1989 das Kleinwalsertal in Österreich mit der Silberdistel ein Umweltsiegel. Innerhalb weniger Jahre waren bereits 40 Prozent der Bettenkapazität mit diesem anspruchsvollen touristischen Ökolabel gekennzeichnet. Andere Zielgebiete, vor allem in Deutschland und Österreich, die Vorreiter waren, folgten seit Anfang der 90er Jahre. In vielen Regionen gibt es mittlerweile konkurrierende Labels. So hat es beispielsweise ein Hotelier in Saalbach-Hinterglemm in Österreich nicht leicht: Soll er sich für die lokale Grüne Hand, für das Umweltsiegel Tirol-Südtirol oder etwa für das nationale Österreichische Umweltzeichen für Tourismusbetriebe bewerben? Auch die Blaue Schwalbe von Verträglich Reisen oder das Grüne Bäumchen im ADAC-Reisekatalog könnten das Umweltengagement des Hoteliers unter Beweis
stellen. In Österreich hat mittlerweile das nationale Umweltzeichen die besten Chancen, seine Konkurrenten zu verdrängen. Die Kriterienkataloge für Hotels, Gasthöfe, Pensionen oder Berghütten und das unabhängige Prüf- und Vergabeverfahren zählen im Übrigen zu den anspruchsvollsten in Europa und bauen auf den langjährigen Erfahrungen der Pioniere im Kleinwalsertal, in Tirol und Kärnten auf. Auch in Italien steht inzwischen unter Federführung der Agenzia Nazionale per la Protezione dell’Ambiente Anpa (in etwa vergleichbar mit dem Umweltbundesamt in Deutschland) das Thema nationales Umweltzeichen auf der Tagesordnung.
In Deutschland nehmen mittlerweile in nahezu allen Bundesländern Betriebe an den Umweltwettbewerben der Hotel- und Gaststättenverbände teil, die nach einheitlichen Kriterien bewerten. Da Brandenburg bislang noch zögert, hat dort der Fremdenverkehrsverband Uckermark sein eigenes Ökolabel kreiert. Gänzlich weiße Flecken sind hingegen derzeit noch die Bundesländer Saarland und Rheinland-Pfalz.
Doch auch in Deutschland zielen die Initiativen bereits auf ein bundesweit einheitliches Umweltzeichen für das Gastgewerbe ab. Derzeit diskutieren der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und alle anderen maßgeblichen Verbände auf Einladung des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamts sogar einen weitergehenden Schritt: die Entwicklung einer gemeinsamen Umweltdachmarke für möglichst alle touristischen Dienstleistungen mit einem einheitlichem Logo und jeweils angemessen Kriterienkatalogen. So ist geplant, dass Gast- und Freizeitbetriebe, Verkehrsunternehmen, Kureinrichtungen, Kommunen und Veranstalter die Inhalte dieser Marke gemeinsam festlegen. Die Vorteile einer solchen Dachmarke liegen auf der Hand: Durch ein einheitliches, immer wiederkehrendes Logo erwarten die Verhandlungspartner nicht nur eine höhere Kundenakzeptanz, sondern infolge von Synergien auch eine deutliche Verringerung der Marketing-Kosten.
Europaweit ist die Zahl der touristischen Anbieter, die unter der Prämisse der Umweltverträglichkeit operieren, derzeit noch gering. Das europäische Netzwerk für eine nachhaltige Tourismusentwicklung, Ecotrans, recherchiert und beobachtet von Anfang an die Entwicklung der Umweltzeichen, -preise, -wettbewerbe oder -marken auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. So hat bislang beispielsweise lediglich ein Prozent der europäischen Hotels und Campingplätze ihr Umweltengagement mit einer Bewerbung unter Beweis gestellt. Bis zum Herbst
dieses Jahres soll nun eine Machbarkeitsstudie der Generaldirektion Umwelt klären, für welche touristischen Dienstleistungen ein Europäisches Umweltzeichen besonders geeignet ist und wie es innerhalb von ein bis drei Jahren umgesetzt werden kann. Mit Unterstützung der deutschen Bundesstiftung Umwelt und der Europäischen Kommission veröffentlicht Ecotrans die wichtigsten Ergebnisse im Internet.
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